Klinische Studien: So unterscheiden Sie Fake News von echten Fakten

Sie sind auf Medikamente oder andere medizinische Hilfsmittel angewiesen und möchten sich über deren wissenschaftlichen Hintergrund informieren? Klinische Studien zu Arzneimitteln und Medizinprodukten gibt es sehr viele – doch was ist eigentlich das Besondere an klinischen Studien und wie können Sie qualitativ hochwertige von schlechten Studien unterscheiden?

Was sind klinische Studien?

Grundsätzlich wird zwischen interventionellen und nicht-interventionellen Studien unterschieden. Bei nicht-interventionellen Studien handelt es sich um Beobachtungsstudien ohne jegliches Eingreifen seitens der Forschenden. Da die behandelnden Ärzte keine Vorschriften zur Therapie ihrer Patienten erhalten, dokumentieren nicht-interventionelle Studien immer die Routinebehandlung für ein bestimmtes Krankheitsbild.
Klinische Studien zählen dagegen zu den interventionellen Studien. Sie sind dazu da, Erkenntnisse unter anderem über die Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit therapeutischer Maßnahmen, z.B. eines neuen Arzneimittels, zu sammeln. Die Sicherheit solcher Studien wird durch verschiedene Richtlinien sowie Gesetze gewährleistet und sie werden durch die Ethikkommissionen der jeweiligen Forschungsinstitutionen, beispielsweise der beteiligten Universitäten oder Krankenhäuser, genehmigt.

Interventionelle Studien werden in vier Phasen eingeteilt:

  • Phase I-Studien: kleine Studien, bei denen die neue Behandlung erstmals an gesunden, freiwilligen Menschen eingesetzt wird, um die Verträglichkeit und Sicherheit zu überprüfen
  • Phase II-Studien: Das neue Medikament wird erstmals bei ca. 100 bis 300 Erkrankten eingesetzt, um die optimale Dosierung zu ermitteln und erste Daten zur Wirksamkeit zu erhalten
  • Phase III-Studien: große Studien, bei denen Erkrankte, die die neue Therapie erhalten, mit einer Kontrollgruppe verglichen werden, um die Wirksamkeit und Verträglichkeit zu überprüfen
  • Phase IV-Studien: wenn das Medikament bereits auf dem Markt ist, um noch einmal gezielt die neue Behandlungsmethode zu untersuchen und Nebenwirkungen besser beurteilen zu können

Klinische Studien tragen somit dazu bei, die Versorgung kranker Menschen zu verbessern. Die Durchführung solcher Studien ist allerdings sehr teuer und wird oftmals von den Herstellern der Arzneimittel oder medizinischen Hilfsmittel umgesetzt.

Welche Studientypen gibt es?

Der Studientyp hängt von der jeweiligen Forschungsfrage ab, also was man untersuchen bzw. nachweisen möchte. Um die Wirksamkeit einer neuen Therapie mittels klinischer Studie zu erproben, spielen folgende Studientypen eine wichtige Rolle:

  • Randomisiert: Die Gruppeneinteilung der Studienteilnehmenden erfolgt nach dem Zufallsprinzip. Dies ist notwendig, damit nur die Wirkung der Medikamente verglichen werden kann und keine anderen Faktoren das Ergebnis beeinflussen.
  • Kontrolliert: Eine Teilnehmergruppe erhält den zu testenden neuen Wirkstoff (Verum) und die andere Gruppe ein gängiges Medikament bzw. den derzeitigen Therapie-Standard.
  • Placebo-kontrolliert: Eine Teilnehmergruppe erhält das Verum und die andere Gruppe ein Placebo (ein Medikament, das keinen Wirkstoff enthält). Dadurch können die Forschenden jeglichen Nutzen, der in der Teilnehmergruppe mit dem Verum beobachtet wird, auf das neue Medikament zurückführen und nicht auf eventuell andere beeinflussende Faktoren.
  • Doppelblind: weder Arzt noch Patient wissen, ob es sich bei der Therapie um ein Placebo / die Kontrollbehandlung oder das Verum handelt.

Randomisierte kontrollierte Studien eignen sich, um die Wirkung eines Arzneimittels oder eines medizinischen Hilfsmittels zu prüfen. Dabei werden zum Beispiel Fragestellungen behandelt wie: „Eignet sich das neue Arzneimittel besser zur Behandlung von Erkrankung XY als die bisherige Standardtherapie?“

Die Randomisierung von kontrollierten Interventionsstudien stellt sicher, dass die Ergebnisse vergleichbar und aussagekräftig sind, da die teilnehmenden Patienten vergleichbare krankheitsspezifische Eigenschaften aufweisen.

Kurz erklärt!
Haben Sie schon mal gelesen, dass das Ergebnis einer klinischen Studie statistisch signifikant ist?
In einer klinischen Studie wird zum Beispiel untersucht, ob das neue Medikament tatsächlich wie angenommen wirksam ist. Ein statistisch signifikantes Ergebnis bedeutet dann, dass die beobachtete Wirkung zwischen den Teilnehmergruppen, in der eine Gruppe das neue Medikament und die andere Gruppe das Placebo beziehungsweise die Standardtherapie erhält, nicht zufällig entstanden, sondern in der Tat eine Wirkung des neuen Medikaments anzunehmen ist. Dies erlaubt in diesem Fall den Rückschluss, dass das neue Medikament generell wirksam ist.

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5 Tipps, damit Sie keinen Irrtümern auf den Leim gehen

Jetzt wissen Sie, was klinische Studien sind und Sie können sich über den wissenschaftlichen Hintergrund von Arznei- und anderen medizinischen Mitteln informieren. Die Qualität einer klinischen Studie zu beurteilen, kann jedoch mitunter schwierig sein – auch deswegen, weil hierzu zahlreiche Irrtümer und Missverständnisse kursieren. Hier finden Sie deshalb fünf wichtige Fakten zu klinischen Studien, mit deren Hilfe Sie klinische Studien besser bewerten können:

  • Placebo-kontrollierte Studien sind nicht immer der beste Weg, um die Wirksamkeit eines neuen Arzneimittels oder Medizinprodukts nachzuweisen.
    Placebo-Studien eignen sich zwar gut, um die Wirksamkeit und Sicherheit einer Intervention zu untersuchen. Allerdings ist es oft aus ethischen Gründen nicht vertretbar, eine Kontrollgruppe zu etablieren, die nur eine Scheinbehandlung erhält, beispielsweise wenn bereits eine nachgewiesen wirksame Therapie existiert oder wenn die Scheinbehandlung mit Schmerzen oder Schäden verbunden wäre; denn wer würde sich beispielsweise freiwillig einer großen Operation mit all ihren Risiken unterziehen, nur um sich als Kontrollgruppe ein Schein-Medizinprodukt einsetzen zu lassen? Zudem existieren bereits für viele Krankheiten gute Therapien, daher ist es oft sinnvoller, die Kontrollgruppe nach dem bisherigen Therapiestandard zu behandeln, um beispielsweise die Frage „Ist Therapie X besser als die bisherige Standardtherapie Y?“ zu beantworten.
  • Doppelblindstudien minimieren eine Verzerrung der Ergebnisse durch die Erwartungen des Patienten und/oder des Arztes.
    Jedoch ist eine doppelte Verblindung nicht immer möglich, beispielsweise weil nur das Verum typische Nebenwirkungen verursacht oder es sich um ein Medizinprodukt handelt, das bei bildgebenden Verfahren wie Ultraschall, CT oder MRT sichtbar ist. In diesem Fall haben sich unabhängige Prüfer bewährt, die unvoreingenommen die Sicherheit, Funktion oder den Nutzen des neuen Arzneimittels oder Medizinprodukts anhand von objektiven Kriterien bewerten.
  • Auch Studien mit nur wenigen hundert Teilnehmenden können aussagekräftig sein, da die Fallzahl nicht der einzige wichtige Parameter in Studien ist.
    Die Anzahl der Studienteilnehmenden hat einen großen Einfluss darauf, ob ein tatsächlich vorhandener Effekt mit hoher Wahrscheinlichkeit als statistisch signifikant erfasst wird. Dabei sind bei einer großen Teilnehmerzahl bereits kleine Unterschiede statistisch signifikant, bei kleinen Studien wiederum sind erst große Unterschiede von statistischer Bedeutung. Das heißt, dass eine teilnehmerstarke Studie bereits nur sehr kleine, möglicherweise klinisch unrelevante Unterschiede als signifikant ausweist. Daher sagt die pure Teilnehmerzahl nicht in jedem Fall etwas über die Güte der Studie aus. Aber auch die Nachbeobachtungszeit ist ein wichtiger Parameter einer klinischen Studie, mit welchem die Wirksamkeit einer Therapie über die Dauer belegt werden kann. Drop-out-Raten (sog. „Studienabbrecher“) sind in Studien zu invasiven Verfahren nicht prinzipiell höher als bei pharmakologischen Studien.
    Es gibt viele Gründe, warum jemand die Teilnahme an einer Studie abbricht, zum Beispiel ein Umzug oder ein Arztwechsel. Auch eine sinkende Motivation bezüglich langfristiger Nachuntersuchungen kann ein Faktor sein, der die Drop-out-Rate beeinflusst – viele Teilnehmer stehen für Nachuntersuchungen nicht mehr zur Verfügung. Schätzungen zufolge ist die Drop-Out-Rate in klinischen Studien zu Medikamenten und Medizinprodukten vergleichbar hoch und liegt meist zwischen 10 und 30 %.
  • Investigator Initiated Trials (IIT) sind nicht immer besser als Hersteller-Studien – sie ergänzen und bestätigen sich bestenfalls gegenseitig.
    IIT sind Studien, die von unabhängigen Institutionen wie Universitäten durchgeführt werden und frei von kommerziellem Interesse sind. Sie erweitern die Hersteller-Studien bezüglich neuer Arzneimittel und medizinischer Hilfsmittel, können diese aber nicht ersetzen. Insbesondere Zulassungsstudien müssen von den Herstellern finanziert und initiiert werden, weil die Beweislast für den Nutzen eines neuen Medikaments oder Verfahrens beim Hersteller liegt.

Möchten Sie an einer klinischen Studie teilnehmen?

Durch die Teilnahme an einer klinischen Studie leistet man einen wichtigen Beitrag für die Forschung. Es ergeben sich auch Vorteile für Sie als Studienteilnehmende:

  • Zugang zu neuen Behandlungen
  • Gründliche ärztliche Überwachung sowie Untersuchung und intensive Betreuung während der Studie

Allerdings kann die neue Behandlung auch weniger als Ihre bisherige Therapie oder gar nicht wirksam sein. Manche Nebenwirkungen des neuen Medikaments sind nicht vorhersehbar oder Sie landen eventuell in einer Placebo-Gruppe. Außerdem müssen Sie regelmäßig Termine wahrnehmen.

Nehmen Sie nur teil, wenn die Studie in ein Studienregister eingetragen ist, Sie eine schriftliche Bestätigung zur Veröffentlichung der Ergebnisse erhalten und ein Studienprotokoll geführt wird. Die durchführenden Ärzte müssen Sie über Nutzen und Risiken der Studie aufklären und anschließend Ihr schriftliches Einverständnis einholen. Sie können dennoch die Studie jederzeit ohne Angaben von Gründen abbrechen.

Sie sollten jedoch zuallererst Ihren behandelnden Arzt um Rat fragen, wenn Sie sich für eine Studienteilnahme interessieren. Ihr Arzt kann Ihre derzeitige Therapie sowie Erkrankung in den Studienkontext einordnen und gegebenenfalls eine Empfehlung zur Teilnahme aussprechen.

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