Nehmen Sie Ihre Gesundheit selbst in die Hand!
Viele Menschen müssen regelmäßig Medikamente einnehmen, aber nicht alle tun es tatsächlich. Aus welchen Gründen Betroffene ihre Therapien nicht konsequent durchführen und welche Folgen das haben kann, lesen Sie hier.
Etwa 29 % aller Männer und 40 % aller Frauen in Deutschland nehmen täglich oder beinah täglich Arzneimittel ein. Dies betrifft vor allem ältere Menschen, bei denen Medikamente gegen Herz-Kreislauferkrankungen, Stoffwechselstörungen und rheumatische Erkrankungen im Vordergrund stehen.
Gerade bei chronischer Herzerkrankung wichtig: Adhärenz
Herzschwäche (Herzinsuffizienz) ist in Deutschland die dritthäufigste Todesursache und der häufigste Grund für Krankenhausaufenthalte – und das, obwohl die Behandlungsmöglichkeiten kontinuierlich besser geworden sind. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass viele Betroffene nicht dauerhaft an ihrer Therapie festhalten, verordnete Medikamente nicht regelmäßig einnehmen und die notwendigen Veränderungen im Lebensstil nicht konsequent durchhalten. Ärzte bezeichnen dies als mangelhafte Adhärenz.
Woher rührt mangelnde Adhärenz?
Es gibt viele Gründe, warum es Patienten nicht gelingt, die mit dem Arzt vereinbarte Therapie umzusetzen. Beispielsweise haben manche Arzneimittel starke Nebenwirkungen. Betroffene neigen dann dazu, aufgrund einer solchen Nebenwirkung das betreffende Medikament einfach abzusetzen oder seltener zu nehmen.
Manch einem geht es im Zuge der Behandlung so viel besser, dass er deshalb beschließt, die Tabletten nicht weiter zu nehmen. Dies ist besonders nach Herzinfarkten häufig der Fall. Gerade bei chronischen Erkrankungen ist es aber gefährlich, denn hier ist eine dauerhafte Einnahme dringend notwendig.
Außerdem kann es passieren, dass manche Tabletten schlichtweg vergessen werden. Gerade ältere Menschen haben oft eine große Anzahl verschiedener Medikamente, die sie einnehmen sollen. Hier kommt es zudem schnell zu Verwechslungen, Versehen beim Einsortieren oder es können nicht alle Tabletten auf einmal genommen werden. Auch werden Folgerezepte häufiger vergessen und Kontrolltermine nicht eingehalten.
Zusätzlich kann ein sogenannter „Drug Holiday“ die Einnahme verkomplizieren: Dies bedeutet, dass in Absprache mit dem Arzt die Einnahme eines Medikaments über einen gewissen Zeitraum pausiert und danach wieder begonnen wird. Dies kann die Wirkung steigern oder zwischendurch für Entlastung von Nebenwirkungen sorgen. Nach einem solchen „Urlaub“, also einer Einnahmepause, wieder zu starten, erfordert zusätzliche Aufmerksamkeit. Andererseits kommt es aber auch immer wieder vor, dass Patienten sich auf eigene Faust für solche Arzneimittelferien entscheiden, beispielsweise am Wochenende oder auf Reisen.
Warum ist Konsequenz bei der Therapie wichtig?
Arzneimittel werden mit großer Sorgfalt entwickelt. Dabei werden auch die Dosierungen ermittelt, die die beste Wirkung zeigen. Ein sehr wichtiger Teil jeder medikamentösen Therapie ist also, dass Sie die Medikamente regelmäßig und in der richtigen Menge einnehmen. Wird eine Dosis ausgelassen oder doppelt eingenommen, kann das Arzneimittel nicht richtig wirken. Je nach Wirkstoff kann es zu heftigen Reaktionen kommen, die sogar lebensbedrohlich sein können. Nimmt beispielsweise ein Diabetespatient aus Versehen die doppelte Dosis Insulin und bemerkt dies zu spät, kommt es zu einer lebensgefährlichen Unterzuckerung.
Für eine chronische Herzerkrankung sind neben der Behandlung mit Medikamenten wie ACE-Hemmern, Sartanen, Beta-Blockern und Diuretika wie Aldosteron-Antagonisten vor allem die Änderungen des Lebensstils von großer Bedeutung. Viel Bewegung und eine gesunde Ernährung gehören dazu. Aber auch diese Maßnahmen können nur helfen, wenn sie regelmäßig stattfinden.
Wie kann man Abhilfe schaffen?
Medikation optimieren: Grundsätzlich sollte mindestens einmal im Jahr von Ihrem behandelnden Arzt geprüft werden, ob überhaupt alle Medikamente, die verschrieben wurden, auch weiterhin notwendig sind,. Gerade bei Erkrankungen, die gleichzeitig auftreten, kann es zwischen einzelnen Arzneimitteln zu unerwünschten Wechselwirkungen kommen. Um die Zahl der Tabletten zu reduzieren, gibt es für manche Wirkstoffkombinationen zudem Kombinationspräparate: So muss nur eine anstatt von zwei oder drei Pillen geschluckt werden, was die Gefahr des Verwechselns oder Vergessens deutlich mindert. Ein Beispiel hierfür sind die noch recht neuen Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitoren (kurz: ARNI). Sie bestehen aus zwei Wirkstoffen in einem Präparat. ARNI wirken ähnlich wie ACE-Hemmer, haben aber zusätzlich eine Wirkung auf ein körpereigenes Enzym (Neprilysin), das ebenfalls den Blutdruck steigert und von diesem Medikament geblockt wird.
Digitale Gedankenstützen: Um sich an die regelmäßige Einnahme erinnern zu lassen, gibt es mittlerweile Apps, die das übernehmen. „Medisafe“, „MyTherapy Tablettenerinnerung“ und „Arzneiwecker“ sind nur einige Angebote aus einer Reihe von Programmen. Diese laden Sie auf Ihr Smartphone herunter und geben für jedes Arzneimittel den Einnahmerhythmus ein. Die App erinnert Sie dann regelmäßig an das jeweilige Medikament. Diese Form der Erinnerung eignet sich aber nur für Menschen, die ihr Smartphone ohnehin mehrfach am Tag benutzen. Ansonsten muss ein gut hörbares akustisches Signal eingestellt werden.
Erinnerungsservice: Nicht jeder Mensch nutzt ein Smartphone und so bieten einige Arztpraxen ihrerseits Erinnerungsnachrichten an, die sie dem Patient auf das Mobiltelefon schicken. Ist auch das nicht möglich, gibt es die Möglichkeit, per Telefon an die Tabletteneinnahme erinnert zu werden.
Unterstützung durch Pflegepersonal: Wenn Betroffene Schwierigkeiten haben, ihre Medikamente selbst zu besorgen, zusammenzustellen und regelmäßig einzunehmen, kann der Arzt im Rahmen der häuslichen Pflege eine Verordnung ausstellen. Dann übernimmt die Krankenkasse die Kosten für eine entsprechende Unterstützung, in der Regel durch einen Pflegedienst.
Verständnis der Krankheit wichtig
Damit Sie Ihre gesamte Therapie überzeugt umsetzen können, ist es wichtig, dass Sie Ihre Krankheit verstehen. Scheuen Sie sich also nicht, Ihrem Arzt all Ihre Fragen zu stellen! Sicher hat er auch gutes Informationsmaterial, dass Sie sich in Ruhe zu Hause durchlesen können. Seriöse Informationen für Patienten zum Thema chronische Herzerkrankung gibt es außerdem auch im Internet, z.B. auf der Seite der Deutschen Herzstiftung.
Sie können zudem ein Tagebuch führen, in dem Sie den Verlauf Ihrer Erkrankung dokumentieren. Dies hilft nicht nur Ihnen, im Alltag am Ball zu bleiben. Es kann ebenso Ihrem Arzt wichtige Informationen liefern.
Werden Sie zum Experten!
Für die eigene Gesundheit Verantwortung zu übernehmen, kann gerade nach der Diagnose einer chronischen Erkrankung viel Selbstbewusstsein zurückgeben! Sie werden damit zum Experten für Ihr eigenes Wohlergehen. Ein wichtiger Baustein dabei ist eine konsequent durchgeführte Therapie, denn sie senkt das Risiko für Krankenhausaufenthalte und bringt Ihnen eine deutlich verbesserte Lebensqualität.
- Quellen
Autor: Bianca Hanke
Datum: November 2016
Quellen:
Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale Versorgungs-Leitlinie Chronische KHK – Langfas-sung, 4. Auflage. Version 1. 2016. Available from: www.khk.versorgungsleitlinien.de; [cited: tt.mm.jjjj] ; DOI: 10.6101/AZQ/000267
European Society of Cardiology. Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. European Heart Journal (2016) 37: 2129-2200
Statistisches Bundesamt: Krankenhauspatienten. Vollstationär behandelte Patientinnen und Patienten (einschließlich Sterbe- und Stundenfälle) in Krankenhäusern nach der ICD-10 im Jahr 2014. www.herzstiftung.de
Bundeszentrale für politische Bildung, www.bpb.de
www.pflege-durch-angehoerige.de/2014/10/20/medikamentengabe-auf-aerztliche-verordnung/
letzter Abruf für alle: 11/2016
9-GE-5-12149-02 02-2021